Freitag, 8. Juli 2011

Reise ins Sakralchakra

Ich betrete einen Raum, dessen linke Wand fast vollständig von einem Fabrikfenster eingenommen wird. Das Fenster gibt den Blick frei auf ein riesiges, düsteres Haus. Es sieht fast aus wie ein Vampirschloss, ähnlich dem Gemeindehaus auf dem Schlossberg in Chemnitz.

An der hinteren Wand des Raums steht ein Bündel riesiger Zimtstangen. Darüber ragt rechts oben, gleich einer Jagdtrophäe, eine Fleisch fressende Pflanze aus der Wand. Sie sieht aus wie eine Venusfliegenfalle, allerdings schließt ihre Klappe horizontal, wie ein Mund.

In der Mitte der rechten Wand kann ich durch einen Torbogen nach draußen blicken. Ich sehe eine sonnige Stadt, deren Häuserterrassen sich auf einem Felsen türmen. Dieser Felsen ragt über einer Leere auf, die eigentlich ein Meer sein müsste.

Als ich mich, noch an der Schwelle stehend, nach rechts wende, erkenne ich dort noch eine Türöffnung. Darüber schwebt eine große Kugel mit Flecken, die Kontinenten ähneln. Überall sprießen einzelne, eklige, dicke Haare aus den Kontinenten. Die ganze Kugel wirkt schmutzig und abstoßend wie eine riesige Mikrobe. Darüber fliegt ein kleiner Drache.

Der Durchgang führt in einen schmalen, dunklen Raum, an dessen linker Wand ein hölzernes Doppelbett steht, spartanisch wie Pritschen. Mein Blick wird auf das untere Bett gezogen, denn dort scheint ein Mensch unter einer groben Wolldecke zu liegen. Ich kann ihn nicht erkennen, weil er bis über die Ohren zugedeckt ist. Von diesem Bett geht eine beängstigend düstere Atmosphäre aus. Ich würde den Raum am liebsten wieder verlassen, doch ich will so viel wie möglich sehen, und auf der gegenüber liegenden Seite führt hinter einem ebenso spartanischen Holzschrank, der zwischen dem Doppelstockbett und der Wand steht, ein weiterer Durchgang in einen weiteren Raum.

Dieser Raum ist klein und quadratisch und noch dunkler. Er sieht aus wie ein enger Vorraum. Rechts und links hat er je eine Tür. Die linke Tür ist weiß; sie steht offen und schließt sich, als ich mich nähere. Die rechte Tür ist schwarz; sie ist geschlossen und öffnet sich, als ich mich nähere. Auch das wirkt bedrohlich.

Ich trete durch die schwarze Tür und stehe in einem winzigen, kerkerähnlichen Raum mit einem Loch zu meinen Füßen. Ich schaue in das Loch hinein – und blicke in die Unendlichkeit. Ein unendlich tiefer, immer schwärzer werdender Strudel.

Lange Zeit starre ich in diesen Abgrund, immer auf der Hut, nicht hinein zu stürzen. Schließlich reiße ich mich los und kehre zum Ausgang zurück. Draußen vor der Tür erblicke ich plötzlich einen Frosch am oberen Türrahmen und dann einen Basilisken.

© Angela Nowicki, Herbst 2009

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