Neila wachte mit dem Gesicht zur Wand auf. Sie spürte, dass jemand im Zimmer war. "Neila", sagte Leons Stimme. Ihr folgte sein Körper. Sie spürte, wie er sich aufs Bett setzte, sich neben sie legte. Neila wurde schlagartig bewusst, dass sie noch träumen musste. Wie könnte sonst Leon nachts in ihr Zimmer kommen? Natürlich träumte sie.
Trotzdem spürte sie weiterhin ganz deutlich, wie sich jemand an ihren Rücken schmiegte, und dieser Jemand fühlte sich an wie Leon. Es war ein sehr angenehmes Gefühl. Nochmals wurde Neila schlagartig bewusst, dass das nur ein Geist sein konnte.
Sie kuschelte sich an den Geist. Der redete unaufhörlich in einer fremden Sprache auf sie ein. Vielleicht konnte er sich auch nur nicht artikulieren. Das einzige, was Neila verstand, war ihr Name, den er ständig wiederholte. Endlich drehte sie sich um. Es war zweifelsohne Leon, der da lag, aber Neila wusste, dass er es nicht war, nicht sein konnte.
Ihr fiel ein, dass Namen magische Kräfte haben. Sie musste ihn nach seinem Namen fragen. Wenn sie den aussprechen könnte, hätte sie ihn erkannt, und der Spuk wäre vorbei.
"Wie heißt du?" wollte sie fragen, doch sie bekam keine Stimme. Ein weiterer Beweis, dass sie träumte. Sie versuchte es wieder und wieder, bis sie sich wirklich fragen hörte:
"Wie heißt du?"
Die Antwort war so unverständlich wie alles vorher.
"Wer bist du?"
Nichts.
"Bist du mein Schutzgeist?"
Die Antwort kam knapp und klar wie ein Pistolenschuss: "Nein."
Wieder redete er eine Zeitlang teils völlig zusammenhangloses, teils unverständliches Zeug.
Auf einmal wurde es verständlich: "Gleich wird die Tür auffliegen, und der Arzt wird hereinkommen, weil es ja brennt."
Noch während er sprach, dachte Neila, das muss stimmen, schließlich ist er ein Geist (wenn auch nicht ihr Schutzgeist), und ebenso neugierig wie ängstlich wartete sie, was passiert.
Es passierte nichts. Neila streichelte den Geist und versuchte vergeblich, mit ihm zu kommunizieren.
Einer unvermuteten Eingebung folgend, fragte sie: "Willst du Sex?"
Und wieder dasselbe pistolenartige: "Nein."
Neila drehte sich zurück zur Wand. Das Gefühl eines Menschen - Leons - im Rücken war unglaublich physisch. Er brabbelte weiter. Nach und nach wurde er immer lebhafter und aufdringlicher. Neila wollte schlafen oder wenigstens in Ruhe liegen, aber er achtete gar nicht auf sie, sondern redete immer aufgeregter und aufgeweckter und griff nach ihr und über sie hinweg. Schließlich hatte sie genug.
Genervt drehte sie sich um und warf ihn aus dem Bett. Als ihr linker Arm sich bereits auf ihn zubewegte, fühlte sie, dass sie das nicht schaffen würde, fühlte die Schwere und seine Stärke. Ein Geist ist einfach stark. Umso überraschter war sie, als er nahezu augenblicklich auf dem Boden landete, ganz leicht, als wiege er gar nichts.
Dort begann er, zu klagen und elendiglich zu weinen, er wolle nach Hause, er habe Hunger. Ziemlich grob fuhr Neila ihn an: "Ach, Quatsch!"
"Doch", schluchzte er. "Ich will Fisch essen..."
In diesem Moment wachte Neila auf. Der Hausmeister und ihre verstorbene Mutter kamen ins Zimmer. Sie standen hinten am Fenster im Dunkeln, und Neila erzählte ihnen von dem Geist und bat sie, ihr zu helfen, ihn los zu werden.
Die Mutter lachte, und der Hausmeister sagte höhnisch: "Ja, das hast du geträumt."
"Aber hier liegt er doch!" rief Neila und beugte sich aus dem Bett, während sie gleichzeitig die Vision hatte, nur noch eine leere Schlafanzughose zu finden.
Als sie den Kopf hob, sah sie den Leon-Geist an der Balkontür stehen. Sie hatte ihn mit dem Hausmeister verwechselt! Allmählich begann sie, sich zu gruseln, denn ihr wurde bewusst, dass Einbildungen und Tatsachen, Licht und Dunkel, Traum und Wachen heillos durcheinander geraten und kaum noch auseinander zu halten waren.
Da stand sie kurzerhand auf, öffnete die Balkontür und scheuchte den Geist mit den Worten hinaus:
"Weg mit dir! Sch-sch! Weg mit dir, du Vampir!"
Sie hatte keine Ahnung, wie sie darauf gekommen war. Es kam völlig überraschend. Urplötzlich wusste sie, dass es ein Vampir war, und sie wiederholte dieses Wort mehrmals.
Ebenso überraschend löste sich der Vampir in der Nacht auf.
Endlich war sie wach! Erleichtert atmete sie auf. Jetzt konnte sie in Ruhe mit dem Hausmeister und der Mutter reden. Doch es war immer noch stockdunkel. Neila erstarrte in kaltem Schreck, als sie eine Männergestalt vor dem Fenster ausmachte, die sie für den Hausmeister hielt, die jedoch wieder Leon zu ähneln schien...
Sie versuchte angestrengt, sich ihre Fensterfront vorzustellen. Wie eine Schnecke kroch ihr ein Satz durch den Kopf, jedes Wort in Zeitlupe: "Ich… habe… doch… gar… keine… Balkontür… im… Zimmer…" Und die bis zum Boden reichende Glasfront?
Sie schlief ja immer noch!
Und sie lag immer noch mit dem Gesicht zur Wand!
Aber jetzt war sie wach! Jetzt wusste sie wieder, wie ihre Fenster aussehen.
Sie drehte sich um – endlich! endlich wirklich wach! – und griff nach der Lampe. Ihre Augen waren offen, sie sah die dunklen Fenster, den Umriss der Lampe... Verdammt, warum geht sie nicht an? Ich will Licht! Ich habe Angst!
Als Neila zum x-ten Mal klar wurde, dass sie immer noch schlief, dass sie einfach den Ausgang nicht finden konnte, ließ sie sich in die Finsternis fallen.
Trotzdem spürte sie weiterhin ganz deutlich, wie sich jemand an ihren Rücken schmiegte, und dieser Jemand fühlte sich an wie Leon. Es war ein sehr angenehmes Gefühl. Nochmals wurde Neila schlagartig bewusst, dass das nur ein Geist sein konnte.
Sie kuschelte sich an den Geist. Der redete unaufhörlich in einer fremden Sprache auf sie ein. Vielleicht konnte er sich auch nur nicht artikulieren. Das einzige, was Neila verstand, war ihr Name, den er ständig wiederholte. Endlich drehte sie sich um. Es war zweifelsohne Leon, der da lag, aber Neila wusste, dass er es nicht war, nicht sein konnte.
Ihr fiel ein, dass Namen magische Kräfte haben. Sie musste ihn nach seinem Namen fragen. Wenn sie den aussprechen könnte, hätte sie ihn erkannt, und der Spuk wäre vorbei.
"Wie heißt du?" wollte sie fragen, doch sie bekam keine Stimme. Ein weiterer Beweis, dass sie träumte. Sie versuchte es wieder und wieder, bis sie sich wirklich fragen hörte:
"Wie heißt du?"
Die Antwort war so unverständlich wie alles vorher.
"Wer bist du?"
Nichts.
"Bist du mein Schutzgeist?"
Die Antwort kam knapp und klar wie ein Pistolenschuss: "Nein."
Wieder redete er eine Zeitlang teils völlig zusammenhangloses, teils unverständliches Zeug.
Auf einmal wurde es verständlich: "Gleich wird die Tür auffliegen, und der Arzt wird hereinkommen, weil es ja brennt."
Noch während er sprach, dachte Neila, das muss stimmen, schließlich ist er ein Geist (wenn auch nicht ihr Schutzgeist), und ebenso neugierig wie ängstlich wartete sie, was passiert.
Es passierte nichts. Neila streichelte den Geist und versuchte vergeblich, mit ihm zu kommunizieren.
Einer unvermuteten Eingebung folgend, fragte sie: "Willst du Sex?"
Und wieder dasselbe pistolenartige: "Nein."
Neila drehte sich zurück zur Wand. Das Gefühl eines Menschen - Leons - im Rücken war unglaublich physisch. Er brabbelte weiter. Nach und nach wurde er immer lebhafter und aufdringlicher. Neila wollte schlafen oder wenigstens in Ruhe liegen, aber er achtete gar nicht auf sie, sondern redete immer aufgeregter und aufgeweckter und griff nach ihr und über sie hinweg. Schließlich hatte sie genug.
Genervt drehte sie sich um und warf ihn aus dem Bett. Als ihr linker Arm sich bereits auf ihn zubewegte, fühlte sie, dass sie das nicht schaffen würde, fühlte die Schwere und seine Stärke. Ein Geist ist einfach stark. Umso überraschter war sie, als er nahezu augenblicklich auf dem Boden landete, ganz leicht, als wiege er gar nichts.
Dort begann er, zu klagen und elendiglich zu weinen, er wolle nach Hause, er habe Hunger. Ziemlich grob fuhr Neila ihn an: "Ach, Quatsch!"
"Doch", schluchzte er. "Ich will Fisch essen..."
In diesem Moment wachte Neila auf. Der Hausmeister und ihre verstorbene Mutter kamen ins Zimmer. Sie standen hinten am Fenster im Dunkeln, und Neila erzählte ihnen von dem Geist und bat sie, ihr zu helfen, ihn los zu werden.
Die Mutter lachte, und der Hausmeister sagte höhnisch: "Ja, das hast du geträumt."
"Aber hier liegt er doch!" rief Neila und beugte sich aus dem Bett, während sie gleichzeitig die Vision hatte, nur noch eine leere Schlafanzughose zu finden.
Als sie den Kopf hob, sah sie den Leon-Geist an der Balkontür stehen. Sie hatte ihn mit dem Hausmeister verwechselt! Allmählich begann sie, sich zu gruseln, denn ihr wurde bewusst, dass Einbildungen und Tatsachen, Licht und Dunkel, Traum und Wachen heillos durcheinander geraten und kaum noch auseinander zu halten waren.
Da stand sie kurzerhand auf, öffnete die Balkontür und scheuchte den Geist mit den Worten hinaus:
"Weg mit dir! Sch-sch! Weg mit dir, du Vampir!"
Sie hatte keine Ahnung, wie sie darauf gekommen war. Es kam völlig überraschend. Urplötzlich wusste sie, dass es ein Vampir war, und sie wiederholte dieses Wort mehrmals.
Ebenso überraschend löste sich der Vampir in der Nacht auf.
Endlich war sie wach! Erleichtert atmete sie auf. Jetzt konnte sie in Ruhe mit dem Hausmeister und der Mutter reden. Doch es war immer noch stockdunkel. Neila erstarrte in kaltem Schreck, als sie eine Männergestalt vor dem Fenster ausmachte, die sie für den Hausmeister hielt, die jedoch wieder Leon zu ähneln schien...
Sie versuchte angestrengt, sich ihre Fensterfront vorzustellen. Wie eine Schnecke kroch ihr ein Satz durch den Kopf, jedes Wort in Zeitlupe: "Ich… habe… doch… gar… keine… Balkontür… im… Zimmer…" Und die bis zum Boden reichende Glasfront?
Sie schlief ja immer noch!
Und sie lag immer noch mit dem Gesicht zur Wand!
Aber jetzt war sie wach! Jetzt wusste sie wieder, wie ihre Fenster aussehen.
Sie drehte sich um – endlich! endlich wirklich wach! – und griff nach der Lampe. Ihre Augen waren offen, sie sah die dunklen Fenster, den Umriss der Lampe... Verdammt, warum geht sie nicht an? Ich will Licht! Ich habe Angst!
Als Neila zum x-ten Mal klar wurde, dass sie immer noch schlief, dass sie einfach den Ausgang nicht finden konnte, ließ sie sich in die Finsternis fallen.
© Angela Nowicki, 8. März 2010
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