Mittwoch, 27. Juli 2011

Aber der Verstand ist ein Messer in uns

Auf dem Küchentisch liegt ein riesiger Kohlkopf. Man muss ihn aufschneiden, um an die Füllung zu kommen. Ein Haufen gewürfelter Äpfel liegt daneben, damit kann man den aufgeschnittenen Kohlkopf provisorisch verschließen. Und ein großes, scharfes Messer.

Neila schneidet die oberste Scheibe ab - nichts, nur Kohl. Eine weitere dicke Scheibe - nichts, nur Kohl. Die dritte – immer das gleiche, nur Kohl. Neila ist irritiert. Eine Mogelpackung? Ihr tut der viele abgeschnittene Kohl leid. Es ist eine Verschwendung. Sie überlegt, was sie damit Sinnvolles tun könnte.

Endlich! Nach einer weiteren dicken Scheibe öffnet sich das Innere des Kohlkopfes. Es ist gefüllt mit heißer, appetitlicher Suppe! Die Suppe ist nicht nur heiß, sondern auch leuchtend orange und gehaltvoll. Es schwimmen säuberlich gewürfelte Brocken darin: Tomate und Fleisch und Wurst.

Nun macht Neila sich daran, die Öffnung mit den Apfelstücken zu verschließen, doch das erweist sich als sinnlos. Sie hat die ersten Würfel in das weiche Suppenufer gedrückt, aber wie soll sie die Ufer überbrücken?
Stimme aus dem Off: "Willst du das etwa mit Melonenwürfeln schließen?"
Neila: "Eigentlich schon, aber klar, das geht nicht, da muss ich mich wohl vertan haben. Womit soll ich das denn schließen?"
Ihr kommt ein Gedanke. Sie nimmt den abgeschnittenen Kohl, ein paar lange, schmale Scheiben, die zur Form der ovalen Öffnung passen. Tatsächlich lässt sie sich damit provisorisch, aber wirkungsvoll abdecken, wenn sich die Kohlscheiben auch beim Draufpacken in lange Brotscheiben verwandeln.

© Angela Nowicki, 8. Oktober 2010

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