Dienstag, 23. Juli 2013

Tun ist nichts - Leben alles

Tagebucheintrag vom 8. Februar 2012

Zum ersten Mal im Leben bin ich durch den Nebel meiner Dauerverwirrung, die ich nicht einmal mehr bemerke, gedrungen und habe endlich erkannt, worauf es wirklich ankommt. Ob es bei meiner Angstphase jetzt direkt ums Rauchen oder Nichtrauchen geht oder nicht, ist zweitrangig. An erster Stelle geht es ums Erkennen - die alte Wahrheit, die mir seit Orban klar ist und die ich fast perfekt wieder vergessen hatte - ums Erkennen und Bewusstmachen der Ängste und Probleme, weiter nichts. Worum es definitiv nicht geht, ist der eigene Wille, denn der - wie ich nun wirklich mittlerweile wissen sollte - existiert nicht! Ich bin noch viel zu leistungsorientiert. Meine Frage ist dauernd, ob ich das Richtige tue, und die damit ständig gekoppelte Erwartung, bestraft zu werden, wenn ich das Falsche tue: Wenn ich weiter rauche, bekomme ich Lungenkrebs. Es ist doch bezeichnend, dass der heutige Befund nicht wirklich viel an meiner Angst geändert hat. Es kann ja sein, dass ich Lungenkrebs bekomme, dagegen kann ich aber nichts tun! Ich kann definitiv nichts tun, um mit dem Rauchen aufzuhören, um zu malen, um von Chemnitz wegzuziehen - das ist ganz unmöglich. Wenn ich etwas tue („schaffe‟), dann war das nicht mein Wille, sondern dann war ich einfach so weit. Ich selbst - mit meinem Willen, und das ist vielleicht die eigentliche und einzige Aufgabe des Willens, denn zu irgendwas muss er ja gut sein - ich selbst kann und soll nur so viel wie möglich wahrnehmen, erleben (Döbereiner!), und, wenn es mir gegeben ist, erkennen, aber schon das Erkennen liegt außerhalb meiner persönlichen Absicht. Ich muss im Grunde nur offen sein. Nichts weiter.
Und dann ändert sich mit der Zeit immer wieder etwas auf der zellulären Ebene, worauf ich ja keinen direkten Einfluss habe, bis ein Quantensprung erreicht wird, an dem ich dann plötzlich - keine Lust mehr habe zu rauchen (wie ich plötzlich kein Bedürfnis mehr hatte zu trinken), einfach malen muss, es mir ganz leicht fällt, die schwere Arbeit des Umzugs auf mich zu nehmen...

Was ich selbst beeinflussen kann: Wenn es mir schlecht geht, nicht auf Teufel komm raus versuchen, mit allen möglichen Hilfsmitteln mein Wohlbefinden wiederherzustellen (außer Kopfschmerzen - sorry, aber die werde ich nie einen Tag lang ertragen), sondern mich in dieses miese Gefühl hineinfallen zu lassen, mich darin zu suhlen und es zu erleben.

Und gleichzeitig ist mir auch zum ersten Mal in meinem Leben der Sinn des Lebens, eines jeden Lebens, aufgegangen: Da suche ich vierzig Jahre lang verquält nach meiner „Berufung‟ und find sie einfach nicht - dabei besteht der wahre Sinn des Lebens darin, die Themen, die man mit seinen Geburtskonstellationen aus dem kollektiven Bewusstsein auf sich genommen hat, auf die eben beschriebene Weise zu erleben und damit zu bearbeiten und, wenn es einem gegeben ist, zu erlösen. In diesem Augenblick, wo du das kapiert hast, bist du unwiderruflich raus aus der subjektiven Isolation und mitten drin im Dienen.
Jeder Mensch leistet mit seinem Leben einen Dienst an der ganzen Menschheit.

© Angela Nowicki, 23. Juli 2013

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