Als Neila nach Hause kommt, klingelt das Telefon. Es ist Lilly. Sie sagt, ihr Baby komme. Es ist Lillys drittes Kind. Das erste war Bogdan, das zweite eine Übung, deshalb gehen alle davon aus, dass die Geburt leicht wird. Wer ist bei dir, fragt sie, und Lilly sagt, niemand natürlich.
"Moment, das geht doch nicht", ruft Neila, "ich komme sofort!"
Lilly will nicht, aber Neila besteht darauf. Sie meint, sie habe zwar noch nie ein Kind entbunden und wisse eigentlich nur, dass heißes Wasser gebraucht wird, aber das würden sie schon schaffen. Sie schnappt ihre Jacke und stürmt los.
Draußen wartet ein kleines, rundes, weißes Auto auf sie, darin sitzt Lilly mit ihrem Mann. Sie ist doch gar nicht allein, wundert sich Neila. Aber es schadet auch nichts, zwei Geburtshelfer zu haben, umso besser. Bestimmt ist ihr Mann nur deswegen hergekommen.
In ihrer roten Plastikwohnung geht Lilly ins Gefängnis. Das Gefängnis ist ein Anbau, der über eine Treppe, die mitten im Zimmer nach unten führt, zu erreichen ist. Neila bleibt bei Lillys Mann im Auto. Während sie auf die Entbindung warten, erzählt sie ihm, sie werde in letzter Zeit immer heikler, was nicht gut sei, weil... Sie hat plötzlich unglaubliche Schwierigkeiten, einen einfachen Zusammenhang verständlich auszudrücken. Was sie eigentlich sagen will, ist, dass es immer einer ihrer Grundsätze war, "abgehärtet" durchs Leben zu gehen, das heißt, vorbereitet auf alle Eventualitäten, so dass sie zum Beispiel auch im Knast überleben könnte. Wenn man aber immer heikler wird, ist das in Frage gestellt.
Als es ihr endlich gelingt, das zu formulieren, ist Lillys Mann bereits ausgestiegen. Lilly ist zurück. Neila tritt zu den beiden und fragt sie, ob alle Wohnungen hier ein Gefängnis haben. Nein, sagt Lillys Mann, nur die hier, und wischt mit einer Handbewegung den Halbdämmer von allen Wohnungen in dieser Wohnanlage. Jetzt erst sieht Neila das ganze Bild: Die Wohnanlage ist ein großer, quadratischer Betonklotz, wabengleich ausgehängt mit roten Plastikkabinen, und unter jeder davon hängt dieser Gefängnisanbau wie ein Rettungsboot. Die Anlage gehöre einer staatlichen Firma, erklärt Lillys Mann, die alle Bewohner überwache und observiere.
"Kommt mit", sagt Lilly, "es ist ein Mädchen."
"Wie schön", freut sich Neila. "Du hast es allein geschafft."
"Wie schön", freut sich Lillys Mann. "Dann kann ich ja gehen."
Lilly wickelt ihr Baby, und das Baby heißt Barbara. Sie hält Barbara an den Beinen, während der Rest des winzigen Körpers nach unten hängt. Neila kann das nicht länger mit ansehen. Sie geht hin und hebt Oberkörper und Kopf des Babys hoch.
"Ja", sagt Lilly, "halt den Kopf mal hoch, das ist wichtig, weil..."
Quatsch, kontert Baby Barbara, das sei vor allem wichtig, damit es draußen alles beobachten könne. Es hat den Kopf nach rechts gedreht und schaut aus der Fensterwand nach draußen.
Draußen stehen Flugzeuge in einer Reihe und gucken sie an. Sie warten auf den Abflug. Sie bewegen unruhig ihre roten und blauen Schnauzen hin und her, flattern mit den Flügeln und wackeln mit den Schwänzen.
"Moment, das geht doch nicht", ruft Neila, "ich komme sofort!"
Lilly will nicht, aber Neila besteht darauf. Sie meint, sie habe zwar noch nie ein Kind entbunden und wisse eigentlich nur, dass heißes Wasser gebraucht wird, aber das würden sie schon schaffen. Sie schnappt ihre Jacke und stürmt los.
Draußen wartet ein kleines, rundes, weißes Auto auf sie, darin sitzt Lilly mit ihrem Mann. Sie ist doch gar nicht allein, wundert sich Neila. Aber es schadet auch nichts, zwei Geburtshelfer zu haben, umso besser. Bestimmt ist ihr Mann nur deswegen hergekommen.
In ihrer roten Plastikwohnung geht Lilly ins Gefängnis. Das Gefängnis ist ein Anbau, der über eine Treppe, die mitten im Zimmer nach unten führt, zu erreichen ist. Neila bleibt bei Lillys Mann im Auto. Während sie auf die Entbindung warten, erzählt sie ihm, sie werde in letzter Zeit immer heikler, was nicht gut sei, weil... Sie hat plötzlich unglaubliche Schwierigkeiten, einen einfachen Zusammenhang verständlich auszudrücken. Was sie eigentlich sagen will, ist, dass es immer einer ihrer Grundsätze war, "abgehärtet" durchs Leben zu gehen, das heißt, vorbereitet auf alle Eventualitäten, so dass sie zum Beispiel auch im Knast überleben könnte. Wenn man aber immer heikler wird, ist das in Frage gestellt.
Als es ihr endlich gelingt, das zu formulieren, ist Lillys Mann bereits ausgestiegen. Lilly ist zurück. Neila tritt zu den beiden und fragt sie, ob alle Wohnungen hier ein Gefängnis haben. Nein, sagt Lillys Mann, nur die hier, und wischt mit einer Handbewegung den Halbdämmer von allen Wohnungen in dieser Wohnanlage. Jetzt erst sieht Neila das ganze Bild: Die Wohnanlage ist ein großer, quadratischer Betonklotz, wabengleich ausgehängt mit roten Plastikkabinen, und unter jeder davon hängt dieser Gefängnisanbau wie ein Rettungsboot. Die Anlage gehöre einer staatlichen Firma, erklärt Lillys Mann, die alle Bewohner überwache und observiere.
"Kommt mit", sagt Lilly, "es ist ein Mädchen."
"Wie schön", freut sich Neila. "Du hast es allein geschafft."
"Wie schön", freut sich Lillys Mann. "Dann kann ich ja gehen."
Lilly wickelt ihr Baby, und das Baby heißt Barbara. Sie hält Barbara an den Beinen, während der Rest des winzigen Körpers nach unten hängt. Neila kann das nicht länger mit ansehen. Sie geht hin und hebt Oberkörper und Kopf des Babys hoch.
"Ja", sagt Lilly, "halt den Kopf mal hoch, das ist wichtig, weil..."
Quatsch, kontert Baby Barbara, das sei vor allem wichtig, damit es draußen alles beobachten könne. Es hat den Kopf nach rechts gedreht und schaut aus der Fensterwand nach draußen.
Draußen stehen Flugzeuge in einer Reihe und gucken sie an. Sie warten auf den Abflug. Sie bewegen unruhig ihre roten und blauen Schnauzen hin und her, flattern mit den Flügeln und wackeln mit den Schwänzen.
© Angela Nowicki, 23. Juli 2010
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