Freitag, 24. Juni 2011

Der Schmutzhund

Neilas Gruppe hat ein Haus gebaut, und nun sitzen alle in einem Nebenzimmer und bereiten sich auf ihre Auftritte vor. Es ist Weihnachten, und sie haben ein Unterhaltungsprogramm erstellt, bei dem jeder dem Publikum etwas vorführen soll.

Neila hat gemeinsam mit anderen ein sehr schönes Theaterstück geschrieben, in dem sie zum Schluss einen etwas längeren Monolog zu halten hat. Ihr kommt jetzt der Gedanke, dass es dem Stück doch die Wirkung nähme, wenn sie ihre Texte ablesen würden. Da das Programm gerade erst anfängt, hat sie noch genug Zeit, ihren Monolog auswendig zu lernen. Sie beginnt mit dem ersten Satz, der aus zwei fremden Worten besteht:
"Onogom nangam!"
Der Satz geht ihr leicht ein, dennoch wiederholt sie ihn wieder und wieder, weil sie sich aus unerfindlichen Gründen einfach nicht auf den Text konzentrieren kann. Plötzlich heißt es, ihre Gruppe sei dran.
"Wieso jetzt schon?" jammert Neila. Es hilft nichts, nun wird sie wohl doch ablesen müssen.

Nach der Aufführung ist die Abnahmekommission für das Haus angekommen. Neila wartet mit ein paar anderen im Hinterraum. Nach einiger Zeit kommen die, die bei der Abnahme dabei waren, und berichten, es sei so weit ok, nur die Sauberkeit habe die Kommission beanstandet und dafür Auflagen gemacht. Neila erscheint dieser Vorwurf abstrus. Sie empört sich: "Was möchten die denn gern sehen? Alles in Reih und Glied und ja nicht anrühren?"
Ihr Gegenüber missversteht sie offensichtlich, denn er meint, nun ja, sauber müsse es schon sein.
Neila fährt auf: "Aber bei uns ist es doch absolut sauber, ich verstehe überhaupt nicht, woher die eine solche Behauptung nehmen! Ich meine, ich bin ein sehr sauberer Mensch. Klar, pingelig bin ich auch nicht gerade, aber das ist für mich ok..."
Der andere meint, sie hätten schon eine Lösung gefunden.

Neila geht mit den anderen nach draußen. Dort zieht sich eine Wiese an einer großen Böschung entlang. Die Wiese wurde vollständig abgemäht und wieder vollständig neu ausgesät - das ist die Bedingung für das Gelingen. In die Mitte haben sie einen Baum gepflanzt - das ist die Wiedererkennungsmarke. Das frisch keimende Gras steht komplett unter Wasser, wie ein Reisfeld.

Und nun kommt der "Schmutzhund". Der läuft über dieses "Reisfeld" und setzt überall, wo ein Dreckhäufchen liegt, seinen Haufen drauf. Damit markiert er alle Verunreinigungen. Das sieht man natürlich dann erst im Frühling, wenn das Wasser weggetaut ist, und dann lässt sich nachweisen, dass der Dreck nicht von Neilas Gruppe stammt.

Neila fällt ein, dass sie so eine "Dreckmarkier-Wiese" erst vor Kurzem im Fernsehen gesehen hat. Das war in der Schweiz, es ist ein Schweizer Patent.

© Angela Nowicki, 6. März 2010

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