Samstag, 22. Februar 2014

Pluto ist ein Netz aus Lügen

Tagebucheintrag vom 26. Juni 2012

Ich hatte halb neun Abendbrot gegessen und gegen halb elf noch mal eine große Portion Süßkirschen. Weiß nicht, ob’s daran lag – ich konnte wieder nicht schlafen. Alles andere hatte ich gemacht: Yoga, körperliche Bewegung im Freien, Salzwasser, noch nicht mal Süßigkeiten abends – nur die Lichtreinigung machte ich nicht, weil ich mich dazu einfach nicht überwinden konnte, und das heißt für mich, es ist erst mal genug.
Erst versuchte ich, einfach liegen zu bleiben und mein Inneres zu beobachten, die ganze Nacht, wenn’s sein muss. Geht natürlich nicht, wirste verrückt. Das war dann halb drei oder so, als ich aufstand und ins Atelier ging und meine Vorzeichnung mit schwarzer Farbe nachzumalen begann. Das tat gut, und ich dachte auch, das hilft mir jetzt, half aber nicht.

Wieder die Lunge… die Bronchien, was weiß ich… Wieder dieses permanente Gefühl, nicht tief genug einatmen zu können und beim Einschlafen mit Atmen aufzuhören… Was ist das nur? Ich habe Angst. Trotz aller rationalen Erklärungen – ich habe Angst vor einer chronischen und vielleicht tödlichen Lungenerkrankung. Ich habe Angst vor meiner eigenen Schuld. Es ist etwas ganz anderes, wenn jemand krank wird, aber sich als Opfer empfindet. (Und fast alle Leute, die ich kenne, empfinden sich als Opfer. Manchmal glaube ich, ich bin die Einzige mit einer „Tätermentalität“.)
Es sind gar nicht mal so sehr die Vorwürfe, die ich fürchte („Siehste, das hast du nun davon, wie konntest du nur!“), sondern die Aufforderung: „Sie müssen sofort mit dem Rauchen aufhören!“ Weil ich weiß, dass ich das nicht kann. Dabei rauche ich doch gar nicht so viel! Ich kann mir rational einfach nicht vorstellen, dass meine Atemprobleme wirklich vom Rauchen kommen. Rational… Jedenfalls habe ich Angst, und in diese Angst hinein wollte ich gehen, wenn’s sein muss, die ganze Nacht, aber s.o.

Mir fiel auf einmal auf, dass es eine Art Elektrizität ist, die mich vom Schlafen abhält. Ich erinnerte mich, dass mir schon seit längerer Zeit ganz seltsame Stromstöße aufgefallen sind, die beim Einschlafen gelegentlich durch meinen Körper zu jagen scheinen. Diese Nacht auch wieder, und jetzt konnte ich auch viel deutlicher spüren, dass sich mein Körperinneres die ganze Zeit anfühlt wie ein Hochspannungstrafo – es summt regelrecht alles, die Nerven summen, sie scheinen zum Zerreißen gespannt zu sein (obwohl ich körperlich und seelisch eigentlich völlig entspannt bin) oder unter Hochspannung zu stehen.
Und da fiel mir ein,
- dass Pluto gerade über meinen Mond läuft und auf meine Sonne zusteuert,
- dass Uranus gerade auf meinen Mars zusteuert
- und dass alle drei – Pluto, Uranus und Mars – in meinem 9. Septar im 1. Haus stehen, und das 1. Haus ist der Körper! Und da wollte ich unbedingt wissen, was das bedeutet, und mir fiel nichts ein, an wen ich mich wenden könnte. Bei astrologix schreibt kaum noch jemand, und sonst kenne ich keine guten Astrologen mehr…

Ich rief mein Pferd Lukas, der ließ mich erst hinsetzen und die Weite der Steppe wahrnehmen, galoppierte dann mit mir endlos über die unendlichen Weiten, dabei schloss sich uns von hinten die ganze Pferdeherde an, und ich wurde selbst zum Pferd, doch das erschöpfte mich, und dann fragte ich ihn nach der Bedeutung dieser Konstellationen. Er sagte, er habe keine Ahnung von Astrologie, das könne mir am ehesten „die Weisheit“ beantworten, und dazu müssten wir in die Oberwelt.
Dorthin sind wir dann auch gegangen – ich durfte auf Lukas reiten –, er setzte mich vor dem Tor zur Oberwelt ab und sagte, er warte hier auf mich. Das Tor war eine starke Membran, die ewig nicht nachgab, bis ich es rückwärts versuchte, da trudelte ich rein. Dann lief ich ewig lange umher, und irgendwann erschien deutlich vor mir ein wildes Mädchen, das dann zu einer hübschen Frau wurde, die schließlich die Gestalt einer Madonna, aber zwischendurch auch mal Männergestalt annahm. Das war die Weisheit. Und alles, was ich zu hören bekam, war:
„Pluto ist ein Netz aus Lügen.“
Fortan schwieg sie. Draußen fragte ich Lukas, ob mein Leben ein Netz aus Lügen sei, aber er wusste es nicht.
Und was mache ich nun?


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